ausbildungskompass_mobile_logo

"Ich musste mich erst an die Diskussionen gewöhnen"

|   Erzieher/in

Marko Flächsenhaar war früher Berufssoldat und Ausbilder bei der Bundeswehr. Heute unterstützt er Menschen mit Behinderung dabei, ihr Potenzial zu entfalten. Wie es sich anfühlt, als Mann und Quereinsteiger in einen typischen Frauenberuf zu wechseln, erzählt der 41-Jährige im Interview.

Name: Marko Flächsenhaar
Alter: 41
Ausbildung: Erzieher
Arbeitgeber: Lichtenberger Werkstätten, Berlin
Position: Erzieher / stellvertretender Leiter



Du hast früher als Berufssoldat bei der Bundeswehr gearbeitet. Warum hast du gewechselt und was war deine Motivation, Erzieher zu werden?

Zu meinem Job bei der Bundeswehr gehörten viele Auslandseinsätze, das wurde mir irgendwann einfach zu gefährlich. Damals war ich außerdem noch verheiratet und hatte Schwierigkeiten, meinen Beruf mit der Familienplanung zu vereinbaren. Die Arbeit mit Menschen hat mir immer schon gefallen, deshalb war ich bei der Bundeswehr ja auch Ausbilder. Das wollte ich weitermachen, nur eben in einem sozialen Bereich. Zuerst hatte ich vor, Soziale Arbeit zu studieren. Doch ich habe schnell festgestellt, wie bürokratisch der Job ist. Die Personen, die aktiv mit Menschen arbeiten, sind Erzieher. Das war genau mein Ding. Von Anfang an haben mich vor allem die Bereiche Jugend- und Erwachsenenarbeit interessiert. Dass ich heute in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeite, hat sich eher zufällig ergeben.

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Ich leite gemeinsam mit einer Kollegin das Eingangsverfahren in unseren Werkstätten. Ich betreue also die Menschen, die neu zu uns kommen. Jede Gruppe bleibt drei Monate, danach wechseln sie in den Berufsbildungs- oder Arbeitsbereich unserer Werkstätten. Es geht in diesen drei Monaten vor allem darum, Ängste abzubauen, die Arbeitsbereiche vorzustellen und herauszufinden, ob die Neuankömmlinge von der Arbeit in den Werkstätten profitieren können. Ein typischer Tag beginnt um halb 8 mit einem Team-Meeting der Kollegen. Um 8 Uhr kommen die Menschen, die wir betreuen, in die Einrichtung und wir tauschen uns in einer Morgenrunde aus. Wir lesen zum Beispiel gemeinsam Zeitung und besprechen aktuelle politische Ereignisse. Es folgen Unterrichtseinheiten, in denen wir die verschiedenen Arbeitsbereiche vorstellen und erklären. Zweimal in der Woche gibt es außerdem ein Sportprogramm, da nehme ich die Leute mit in ein Fitnessstudio zum Box- oder Anti-Aggressionstraining. Das Tolle daran ist: Kein Tag ist wie der andere, es bleibt immer abwechslungsreich.

Warum sollen Schulabgänger/innen sich für den Beruf des/der Erziehers/in entscheiden?

Der Job ist nichts für Menschen, die richtig viel Geld verdienen wollen. Stattdessen steht das Menschliche im Mittelpunkt. Angehende Erzieher sollten Spaß daran haben, mit Menschen zu arbeiten. Ich finde es auch schön, dass ich jeden Tag von den Menschen lerne und selbst etwas weitergeben kann. Dieser Schulungscharakter gefällt mir. Außerdem kann ich mit unseren Besuchern Sachen unternehmen, die Spaß machen. Wir haben zum Beispiel schon einen Ausflug zum Bundestag gemacht und Moscheen und Kirchen besucht. Ein weiterer Grund: Die Jobaussichten sind hervorragend.

Wo siehst du dich in zehn Jahren?

Ich bin stellvertretender Leiter im Bildungsbereich der Werkstätten und habe auch mit Managementaufgaben zu tun. Ich bin aber eine Person, die nicht den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen kann, deshalb bin ich nicht so karriereorientiert. Mein Job, so wie er jetzt ist, macht mir großen Spaß. Was in zehn Jahren ist, kann ich nicht sagen.

Was ist bei deinem Beruf anstrengend?

Der bürokratische Aufwand ist groß, wir müssen viel dokumentieren. Außerdem arbeiten wir in einem multiprofessionellen Team unter anderem mit Psychologen, Sozialarbeitern und Erziehern. Da hat natürlich jeder seine Meinung und es wird viel diskutiert. Ich selbst bin entscheidungsfreudig und finde das manchmal schwierig.

Was macht dir bei deinem Beruf am meisten Spaß?

Viele Menschen kommen mit Angststörungen oder negativen Erfahrungen zu uns. Ich finde es toll, wenn ich dem etwas Positives entgegensetzen und Erfolgserlebnisse verschaffen kann. Ein Beispiel: Ich habe einen Jungen mit halbseitiger spastischer Lähmung zum Boxtraining mitgenommen und ihn ermutigt, mit seinem schwachen Arm gegen den Boxsack zu schlagen. Beim fünften Mal hat er getroffen. Das Glänzen in seinen Augen war unbezahlbar.

Wie war es für dich, als Quereinsteiger einen völlig neuen Beruf zu erlernen?

Am Anfang war es aufregend. Die Bundeswehr ist sehr strukturiert und hat klare Hierarchieebenen. Daran, dass in sozialen Berufen viel diskutiert wird, musste ich mich erst gewöhnen. Der Erzieherberuf war außerdem damals noch mehr als heute von Frauen dominiert. Das hatte auch Auswirkungen auf die Aktivitäten. Ich sollte in der Ausbildung zum Beispiel mit den Kindern mit Handpuppen spielen. Ich bin zwei Meter groß und sehr kräftig, ich habe jahrelang Kampfsport gemacht - das Künstlerische liegt mir nicht so.

Wie ist es als Mann in einem typischen Frauenberuf?

Man muss sich auf Vorurteile gefasst machen, denn der Beruf des Erziehers gilt nach wie vor als typisch weiblich. Während meines Praktikums in einer Kita hatte ich anfangs das Gefühl, als Mann komisch angeguckt zu werden. Ich hatte aber Glück: Das Team war super und meine Kollegen haben meine Talente geschätzt. Ich habe dann zum Beispiel draußen mit den Kindern Fußball gespielt, das fanden die toll. Ich glaube, dass Männer in dem Beruf heute anerkannter sind als noch vor zehn Jahren. Das ist besonders in der Erwachsenenpädagogik der Fall.

Interview: Birke Carolin Resch

Mehr Infos über Markos Arbeitgeber findest du hier.

Willst du auch dort arbeiten? Hier gehts zum Stellenangebot.

Zurück

Die neusten Jobs

Potsdam
Seit: 15.04.2020
Berlin
Seit: 01.04.2020
Berlin
Seit: 01.04.2020
Berlin
Seit: 01.04.2020